Im letzten Kaffeeworkshop hatte ich mal wieder Lust, abseits von der allzeit beliebten Siebträgerthematik, ein Filterkaffeethema aufzugreifen mit dem ich mich selbst seit einiger Zeit beschäftige: die Stempelkanne – praktisch, günstig, umweltfreundlich und gut.
Bekannt unter so vielen verschiedenen Namen wie kaum eine andere Kaffeezubereitungsart ist die French Press/ Cafetiere/ Stempelkanne/ Bodumkanne bereits im 19. Jahrhundert von einem französischen Unternehmen patentiert worden. Ein paar Jahre später hat sie ein Italienern inspiriert von einer Tomatensaftpresse, optimiert. Bis heute ist sie eine der praktischsten und simpelsten Kaffeezubereitungsmethoden, mit welcher man unter den richtigen Voraussetzungen sehr guten Kaffee zubereiten kann.
Meine Kursteilnehmer waren im ersten Moment etwas enttäuscht, dass sie zur Begrüßung nicht wie gewohnt einen Espresso oder Cappuccino angeboten bekamen, sondern lediglich zwei, sich nur durch einen grünen oder roten Punkt unterscheidende, Tassen schwarzen Filterkaffee am Tisch vorfanden, Nachdem ich ihnen aber erklärte, dass sie Teil einer meiner Kaffeestudien seien und versprach nach dem ersten Probierschluck Milch und Zucker auf den Tisch zu stellen, waren meine „Probanden“ voll und ganz für den Workshop motiviert. Milch und Zucker hat keiner mehr benutzt und bis dahin erwähnte ich auch nicht, dass beide Filterkaffees in der Stempelkanne zubereitet wurden.
Wir starteten mit einer kurzen Sensorik-Einführung und bewerteten beide Kaffees in Hinblick auf Aroma, Geschmack, Säure, Süße, Körper und Gesamterscheinung. Resümee der Teilnehmer: „So gut kann Filterkaffee schmecken?! Rot schmeckt noch besser als grün“. Der Kaffee in der rot markierten Tasse schnitt durch die Bank etwas besser ab und erhielt in allen Bereichen, bis auf „Körper“, eine höhere Bewertung. Die Aromenbeschreibung der Kaffees fiel absolut unterschiedlich aus. So wurde der „rote“ Kaffee als fruchtig, frisch mit Zitrusnoten und einer unglaublichen Süßen beschrieben während dem „grünen“ Kaffee viel mehr Schokoladennoten und nur eine sehr dezente Fruchtigkeit zugeschrieben wurde. Alle waren komplett erstaunt, als ich sagte, dass es sich bei den beiden Kaffees um ein und dieselbe Kaffeesorte – neue Ernte aus Äthiopien –handelte, welche jeweils in einer Stempelkanne, nur auf unterschiedliche Art und Weise, zubereitet wurde.
Viele Kursteilnehmer äußerten, dass sie absolut begeistert seien von diesem Kaffee und eigentlich auch eine Stempelkanne daheim hätten, diese aber meist lieber im Schrank stehen ließen und nur im äußersten Notfall rausholten. Das wird sich in Zukunft hoffentlich ändern. Zugegebenermaßen war meine erste Begegnung mit Kaffee aus der Stempelkanne auch ziemlich schrecklich: satziger, bitterer, überextrahierter Kaffee ohne Aroma und Geschmack. Damals lief aber auch bei der Zubereitung so gut wie alles schief: Mahlgrad, Kontaktzeit, Kaffeequalität und und und…
Heute bin ich absolut von den Qualitäten der Stempelkanne überzeugt und stelle euch hier kurz die beiden im Workshop bewerteten Zubereitungsvarianten vor.
Wie im vorherigen Absatz bereits angedeutet sind wie bei allen anderen Brühverfahren auch hier die Komponenten Kaffee, Mahlgrad, Brühverhältnis, Kontaktzeit und Wasser entscheidend. Folgendes würde ich euch für die Stempelkanne ans Herz legen:
Kaffee: Verwendet frische, qualitativ hochwertige Filterkaffeebohnen, die eurem Geschmack entsprechen.
Mahlgrad: Der Mahlgrad muss wesentlich gröber sein, als man ihn bei den meisten vorgemahlenen Filterkaffees vorfindet. Fragt am besten direkt bei der Rösterei eures Vertrauens nach, ob sie euch den Kaffee „für die Stempelkanne“ mahlen können. Im Idealfall habt ihr die Möglichkeit euren Kaffee zuhause frisch zu mahlen. Eine einfache Handmühle kostet kein Vermögen, wird euren Kaffeegeschmack, sowie die Aromenvielfalt, aufgrund der frische gemahlenen Bohnen aber deutlich verbessern! Dabei sollen die Kaffeepartikel etwa sandkorngroß sein. (Bei der Comandante Handmühle stelle ich dazu zwischen 28 und 34 „Klicks“ ein).
Brühverhältnis: In der Regel arbeite ich mit einem Brühverhältnis von 1:15. Das bedeutet 20g Kaffee auf 300ml Wasser bzw. 40g/600ml oder 67g/1l.
Kontaktzeit: 4 Minuten
Wasser: Wie bei jeder Filtermethode besteht der Kaffee anschließend zu über 98% aus Wasser. Heißt, schmeckt das Wasser nicht, schmeckt auch der Kaffee nicht. Verwendet daher leicht mineralisiertes Wasser mit einem Härtegrad zwischen 4 und 9°dH. Umsetzbar ist das Ganze relativ einfach z.B. mit einem Handwasserfilter.
„Grünes“ Verfahren:
Die etwas weniger aufwendige Methode, bei der man kaum etwas zu beachten hat. Geschmacklich weniger filigran, dafür würziger und etwas kräftiger.
- Stempelkanne heiß ausspülen und Timer auf 4 Minuten setzen
- Gemahlenen Kaffee in die Stempelkanne geben
- Timer starten und mit heißem Wasser (88 °C – 96 °C) 1/3 der Wassermenge aufgießen
- Stempelkanne schwenken, damit das Kaffeemehl gleichmäßig befeuchtet ist
- Restliche Wassermenge aufgießen
- Nach 4 Minuten den Stempel aufsetzen und das Sieb runterdrücken
„Rotes“ Verfahren:
Hier müssen zwei Zubereitungsschritte mehr beachtet werden. Dazu benötigt man zusätzlich einen Esslöffel und ein kleines Gefäß mit Wasser. Der Mehraufwand zahlt sich mit einer klareren, feineren Aromenstruktur und weniger Bitterkeit aus. Die ersten Schritte sind dabei identisch zum „grünen“ Verfahren:
- Stempelkanne heiß ausspülen und Timer auf 3:30 Minuten setzen
- Gemahlenen Kaffee in die Stempelkanne geben
- Timer starten und mit heißem Wasser (88 °C – 96 °C) 1/3 der Wassermenge aufgießen
- Stempelkanne schwenken, damit das Kaffeemehl gleichmäßig befeuchtet wird
- Restliche Wassermenge aufgießen
- Nach 3:30 Minuten die „Kruste“ durchbrechen. Dazu mit Hilfe des Esslöffels die Schicht von Kaffeemehl, welche sich oben abgesetzt hat, umrühren. Das Kaffeemehl setzt sich automatisch am Boden ab und die Extraktion wird verlangsamt.
- Den zurückbleibenden, weißen Schaum an der Oberfläche mit Hilfe des Löffels abschöpfen. In ihm befinden sich sehr viele Bitterstoffe. Dafür ist das Gefäß mit Wasser gedacht.
- Nach 4 Minuten den Stempel aufsetzen und das Sieb runterdrücken
Egal für welche Methode man sich entschieden hat, der fertig gebrühte Kaffee sollte möglichst schnell aus der Stempelkanne gegossen werden. Das Sieb trennt das Kaffeemehl nicht vollständig vom fertig gebrühten Kaffee ab, so dass weiter Kontakt zwischen Kaffeemehl und Wasser besteht, was zu einer leichten Nachextraktion führt. Das lässt den Kaffee bitter werden.
So nun heißt es die verstaubte Stempelkanne aus dem letzten Eck hervor zu holen, selbst zu experimentieren um für den nächsten Urlaub oder auch den täglichen Büroalltag mit einer unschlagbar simplen Kaffeebrühmethode ausgestattet zu sein.
Über euer Feedback zu den vorgeschlagenen Brühmethoden freue ich mich jetzt schon 😉